11 Juni, 2015

Ruhetag in Warschau

Die Stadt hatte ich völlig anders in Erinnerung. Es muss 1980 gewesen sein, in meinem ersten Jahr als als Forschungsstudent an der Karl-Marx-Universität Leipzig durfte ich mit einer Studentengruppe zum traditionellen Studentenaustausch nach Polen fahren. Das hieß eine Woche Warschau, 2 Wochen Lodz (jaja der Theo wollte auch mitfahren) und eine Woche Krakau. Da ich kein Student mehr war, für die Studentengruppe aber keine Verantwortung übernehmen musste, konnte ich so ziemlich machen was ich wollte. Ich lief tage- und kilometerlang durch Warschau und erkundete die Stadt. Mein mitgenommener Eindruck von damals: alles grau (bis auf die schönen Parks), Hektik, Probleme bei der Versorgung der Bevölkerung mit dem Nötigsten, politisch unruhig (die Gewerkschaftsbewegung hatte hatte ihren Höhepunkt erreicht), Westdeutsche waren willkommen, wir weniger. Das trug nicht zur Sympathie bei, da will ich mal ehrlich sein.
Bis auf die heute noch schönen Parks stimmt das oben Gesagte heute überhaupt nicht mehr.
Warschau ist eine moderne Stadt, die Warschauer stehen zu ihrer Geschichte und sahen es als nationale Aufgabe, die Stadt aus den nicht mal vorhandenen Ruinen wieder aufzubauen. Und das kann sich sehen lassen.
Und zur eigenen Geschichte stehen hieß auch, den nicht sonderlich geliebten Kulturpalast stehen zu lassen und nicht abzureißen, die Pläne dazu gab es. Der Palast der Republik in Berlin war schnell weg.
Ich nutzte heute also wieder die Gelegenheit , die Stadt zu Fuß zu erkunden, wie damals. Diesmal wollte ich unbedingt auf die 30. Etage des Kulturpalastes und sah mir Warschau von oben an. Ein grandioser Anblick. Ich hatte Glück und wurde Ohrenzeuge einer englischsprachigen Führung für einen VIP-Gast. Dabei ging es um das jüdische Viertel und ich konnte durch die Erklärung von oben die Größe erkennen. Vom Ghetto selbst blieb ja wirklich nichts mehr übrig, selbst die Ruinen wurden gesprengt, um noch die letzten Kellerverstecke ausfindig zu machen oder die Menschen lebendig zu begraben. Heute ist das eine sehr beliebte und teure Wohngegend.
Ich hielt mich lange dort oben auf und genoß die Aussicht. Es gibt noch so viel zu sehen in Warschau, z.B. die vielen Musen, Ausstellungen und die Umgebung. Eine Woche kiegt man locker rum, ohne sich zu langweilen. Da werden wir wohl drüber nachdenken!
Zum Mittagessen schlug mir die nette Bedienung eines Straßenbistros eine Suppe vor, die wollte ich eigentlich nicht. Aber als ich sowas wie  "typisch" heraushörte, schlug ich ein. Nach dem Namen der Suppe gefragt, verschwand die junge Frau, kam dann mit einem Handy zurück und zeigte mir auf dem Display den Namen auf polnisch  "barszcz bialy"  und englisch "white bortsch". Ich holte gleich mein Telefon raus , um die Familie per WhatsApp über meine kulinarische Entdeckung zu informieren. Es gab verschiedene Vorschläge. Antje hat dann bei Herrn Gockel nachgesehen und uns aufgeklärt. Ich bekam Sauermehlsuppe. Klingt schlimm, hat aber geschmeckt. Ansonsten war das heute ein völlig unspektakulärer Tag. Ich war noch in ein paar Kirchen, deren Namen ich schon vergessen habe, aber das kann ich bei Bedarf nachlesen. Auch den Innenhof vom Schloss habe ich mir angesehen, bin ein Stück auf der Stadtmauer Barbakane spaziert und dann am Wislaufer zurück zu meinem Botel gelaufen. Es gab Hinweise, ich solle doch auch ein paar Bilder posten. Ich fotografiere mit Fotoapparat und manchmal mit Handy. Den Block schreibe ich mit dem Tablet. Ich habe dann keine Lust mehr, am Abend noch Bilder auszusuchen und hin und her zu kopieren. Die Bilder zur Tour  können wir uns später noch ansehen. 
Übrigens, wer Fehler im Text findet, kann diese behalten. Ich finde beim Lesen immer wieder mal welche und bessere aus.
Morgen geht es weiter. Über 100 km stehen auf dem Programm. Das Wetter kann mir fast egal sein, ich hatte schon fast alles ausser Schnee. Den gab es übrigens im vorigen Jahr am 17. Juni in Tallinn. Insofern ist noch ne Steigerung drin.

5 Kommentare:

Antje hat gesagt…

Das ist doch ei e schöne Gute-Nacht-Geschichte.
Hoffentlich schläfst du auch gut und sammelst Kraft!

Kalle hat gesagt…

Guten Morgen aus Ludwigsfelde,nachdem ich jetzt die Kommentarseite gefunden habe, beste Grüße und viel Erfolg für den heutigen Tag. Wir verfolgen jeden Tag die Berichte und staunen über Deine Erlebnisse und auch noch die viele Mühe, uns davon zu berichten.
In diesem Sinne .....bis bald per Internet und dann ja auch wieder persönlich

Moni und Kalle

Sybilla Kalweit hat gesagt…

Das hört sich ja ganz so an, als wenn man diese Stadt noch bereisen müsste....
Vielen Dank für die geschilderten Eindrücke.
Dann für morgen (oder wann ging´s noch mal weiter?)
Gute Fahrt und keinen!!! Schnee
LG

Eric hat gesagt…

Schon ein bisschen Eifersüchtig... Vielleicht bin ich noch nicht Alt genug um mit so ein Unternehmen an zu fangen (oder nicht genügend trainiert...) ;-)

DocDidi hat gesagt…

Eric, wir hatten doch auch eine schöne Tour nach Wittenberg!