16 Juni, 2015

Ein Tag im Rom des Nordens

Dienstag, 16. Juni, Tag 12
gefahrene Kilometer heute keine
Gesamtkilometer  daher immernoch 1.171,46

Das war heute ein perfekter Tag. Schon am Morgen wieder dieser beeindruckende blaue und klare Himmel mit den schneeweißen Wolken - bloß nicht den Fotoapparat vergessen. Ich bin nicht so spät aufgestanden, ich konnte ohnehin nicht schlafen, weil direkt nebenan eine Baustelle ist, wie an vielen anderen Orten in Vilnius auch.
Ich kümmerte mich gleich um meine "große Wäsche" und hatte Glück, die einzige Waschmaschine hier im Studentenwohnheim war frei. 1,50 EUR rein und eine Stunde warten. Dann Wäsche raus, in den Trockner rein und das Gleiche nochmal. Gegen 11 Uhr (meiner Zeit) machte ich mich auf den Weg. Es wurden etliche Kilometer, die ich gelaufen bin, aber es hat sich wirklich gelohnt. Vilnius ist eine so schöne und interessante Stadt mit so vielen Kirchen, Museen, Galerien, Klöstern, Burgen, Denkmälern, Gaststätten, Plätzen, ...... Ich konnte mir heute wirklich nur eine groben Überblick davon verschaffen, soviel von Innen gesehen habe ich nicht, dazu war einfach die Zeit zu knapp.  Und wo hat man den besten Überblick - von oben, nämlich vom  freistehenden Glockenturm der Kathedrale. Es war wunderschön. In der Kathedrale sollte ich einem "Landsmann" erklären, wo denn eigentlich Ferch liegt, was ja auf meinem T-Shirt zu lesen ist.
Dann bin ich wieder herumgestromert, wie ich das ganz gern mache. Der kleine Stadtplan reichte für die Orientierung.
Es bringt jetzt nichts, hier alle Orte aufzuzählen an denen ich war, ohne dass ihr Bilder sehen könnt. Irgendwie geht das mit dieser App nicht, Bilder auszusuchen und dann in den Blog einzubinden. Ich habe extra heute einige Bilder auf das Tablet importiert,  aber wird nix. Schade.
Besonders schön fand ich die russisch-orthodoxen Kirchen mit den Ikonostasen, den Platz am alten Rathaus, die St. Annen-Kirche und das Stadttor "Tor der Morgenröte" mit dem Marienbildnis. Mehrere Frauen habe ich gesehen, die mit ihren Einkauftaschen bepackt innehielten, niederknieten, sich bekreuzigten und dann ihren Weg fortsetzten.
Der Künstlerkolonie Uzupis wollte ich unbedingt einen Besuch abstatten. 1997 als Res Publika Uzupis ausgerufen, wollten die Einwohner hier alternative Formen des Zusammenlebens fernab von der Konsumgesellschaft ausprobieren. Schutzpatron ist der längst tote Frank Zappa (Musikfans wissen, wer das ist), der Dalai Lama war schon mal dort und ist auch einer der Ehrenbürger. Ich hatte mir davon mehr versprochen. Ein paar Läden mit Souvenirs, einige Galerien und ein paar nette Cafés, ansonsten der übliche Kommerz. Vom Geist der Gründer der Res Publika war nichts zu spüren. Aber nur von Luft, Liebe und Idealismus lässt es sich nicht leben. Wenigstens die Reiseführer schlagen den Besuch der Kolonie vor, was ein paar EUR in die Kassen bringt.
In der Galeriekneipe gleich am Anfang hinter der Brücke soll auch der Regierungssitz der Kolonie sein.
Ich wollte ohnehin was essen und suchte mir einen sonnigen Platz. Im Schatten war es doch recht frisch.
Am Nachbartisch saßen Frau und Herr Götz aus Heidelberg, die für ein paar Tage in Vilnius bleiben, sich dann einer Reisegruppe anschließen und nach St. Petersburg fahren. Antje und ich waren 1985 oder 1986 da, als die Stadt noch Leningrad hieß. Seitdem wird sich dort viel verändert haben, nicht nur der Name und vielleicht auch nicht immer nur zum Guten für die einfachen Menschen dort.  Für die Tourplanung jetzt spielte das auch kurz mal eine Rolle. Ob Tallinn oder St. Petersburg als Zielpunkt hätte keinen großen Unterschied in der Länge der Tour gemacht.
Aber wie's jetzt ist, ist es besser.
Lachend verabschiedeten wir uns voneinander mit den Worten, dass man sich immer zweimal im Leben sieht. Um den 27. Juni herum wird  Fam. Götze noch in Tallinn sein, ich komme mit dem Fahrrad und Antje mit dem Flugzeug an diesem Tag an. Aber bis dahin sind es noch 11 Tage.
So schön wie Vilnius wirklich ist, Antje und ich haben heute schon beschlossen für einen Kurzurlaub mal herzufahren oder  zu fliegen, ich freue mich aber schon wieder auf den morgigen Tag auf dem Rad. Es folgen jetzt hintereinander 6  Tage bis zum nächste Stop in Tartu am 22. Juni. Das ist dann schon Estland. Die Tagesabschnitte liegen immer so um 100 km, also keine Marathondistanzen mehr und ich habe viel Zeit.
Detlef schrieb im Kommentar, dass jetzt wohl Tage kommen,  an denen ich sehr einsam sein werde. Nun, ein bisschen habe ich ja diese Einsamkeit auf der Straße auch gesucht - und gefunden.

3 Kommentare:

Antje hat gesagt…

Vilnius muss ich unbedingt auch sehen. Schon jetzt freue ich mich auf nächstes Jahr!
Aber natürlich erstmal auf Tallinn.
Jetzt wünsche ich dir erstmal morgen eine schöne Fahrt!

Manfred hat gesagt…

Hallo Dietmar,

Ich muß auch mal wieder meinen Senf dazugeben.

es ist schon toll: die etappen werden kürzer, die berichte immer länger!

Toll und interessant. Das du aber jetzt eine 6-tagesetappe starten willst und erst am 22.06 in tartu stoppen willst verwundert mich schon. Aber du hast auf dem fahrrad schon immer besonderes geleistet. Bei wasttsapp würde jetzt der smily mit zunge zu sehen sein.

dietmar viel spass weiterhin und genieß die einsamkeit. Trubel wird es demnächst genug geben.

manfred von der leitplanke....

Eric hat gesagt…

Ich habe irgendwo und irgend wen gehört das man ohne Kultur auch sehr gut Leben kann. :-)

Aber sich erholen isst gut!